Newsletter Nr. 23 zur Münchner Sicherheitskonferenz 2025
Liebe Freundinnen und Freunde des Friedens,
vom 14.-16.2.2025 wird im Bayrischen Hof die 61. Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) stattfinden. Die Veranstaltung wird in diesem Jahr sicherlich davon geprägt sein, wie die Trump-Administration die US-amerikanische Außenpolitik ausrichtet, und welche Auswirkungen das auf NATO und den Ukraine-Krieg haben wird. Der neue Außenminister, Marco Rubio, hat in einem Interview zwar davon gesprochen, dass es gut ist, eine multipolare Welt zu haben. Das bedeutet aber nicht zwangsläufig das Ende der US-Hegemonie. Welchen brachialen Ansatz Präsident Trump verfolgt, wurde mit Blick auf die Zollpolitik gegenüber Kanada, Mexiko und China und den Umgang mit Panama und Grönland bereits deutlich.
Der Krieg in der Ukraine tobt seit fast genau drei Jahren. Die Verluste an Menschenleben und die Zerstörungen der Infrastruktur in der Ukraine, sowie Tod und Verwundungen der Soldat:innen auf beiden Seiten sind nach wie vor immens. Ob die USA substanzielle Gespräche mit Russland führen werden, ist noch unklar. Bislang gibt es lediglich Lippenbekenntnisse des amerikanischen Präsidenten. Über bereits stattfindende Gespräche im Hintergrund kann derzeit nur spekuliert werden.
Der Krieg in Israel/Palästina hat auf Seiten der Palästinenser zu besonders hohen Opferzahlen und desaströser Zerstörung geführt. Derzeit gilt eine Feuerpause, die zum Austausch von Geiseln und Gefangenen genutzt wird. Wie sich dieser sehr blutige Konflikt weiter entwickeln wird, ist derzeit unklar.
Die gesamte EU ist sowohl im Krieg in der Ukraine als auch im Krieg in Israel/Palästina mehr durch Eskalation und Waffenlieferungen als durch Diplomatie und Deeskalation aufgefallen. Auch beim Regimewechsel in Syrien, der vor allem von den USA über Jahre hinweg vorbereitet wurde, haben EU-Staaten so gut wie keine vermittelnde – und schon gar keine mäßigende – Rolle gespielt: Waffenlieferungen und Sanktionen scheinen seit mehreren Jahren das Mittel der Wahl in der EU. Diplomatische Initiativen sind kaum erkennbar. Einzelne Vorreiter werden schnell eingebremst (Spanien, Ungarn).
Bleibt zu hoffen, dass sich die EU – und damit auch Deutschland – zukünftig mehr für Ausgleich und Konfliktlösung einsetzt. Beim Blick auf die jüngsten Aussagen der EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen sind allerdings große Zweifel angebracht: Sie fordert noch mehr Geld für Rüstung und noch mehr Militarisierung der Gesellschaft.
Christoph Heusgen soll die Konferenzleitung zum Ende der MSC 2025 an den früheren norwegischen Ministerpräsidenten und langjährigen NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg übergeben. Da dieser nun allerdings das Amt des norwegischen Finanzministers übernehmen wird, bleibt unklar, wann und wie Stoltenberg Einfluss auf die Gestaltung der MSC nehmen wird.
Mit Blick auf den Krieg in der Ukraine ist Jens Stoltenberg häufig nicht durch deeskalierende Beiträge aufgefallen. Im Oktober 2024 hat sich Stoltenberg allerdings explizit für Verhandlungen ausgesprochen und eine „Finnlandisierung“, also einen weitgehend neutralen Status für die Ukraine in die Diskussion eingebracht (Der Freitag, 18.10.2024).
Wie wird sich Jens Stoltenberg als neuer Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz positionieren? Welchen Einfluss wird er in Zeiten von bestehenden globalen und sich zusätzlich entwickelnden regionalen Kriegen und Konflikten auf die Ausrichtung der MSC nehmen? Welchen Begriff von „Sicherheit“ hat Stoltenberg?
Unsere Projektgruppe MSKv hat 2024 ihr 20-jähriges Bestehen begangen. Seit 2004 arbeiten wir darauf hin, dass bei der MSC die Sicherheitslogik durch eine Friedenslogik abgelöst wird. Wo konnten wir Akzente setzen, wo zum Nachdenken anregen? Was hat die Arbeit unseres kleinen Teams überhaupt bewirkt? Mehr dazu in unserer neuen MSKv-Zeitung.
Matthias Linnemann, Mitglied im Vorstand MSKv
Rund um die Münchner Sicherheitskonferenz 2025
Infos zu Veranstaltungen der Friedensbewegung, den Aktivitäten unseres Vereins auf der MSC 2025 und zu unserer aktuellen Projektzeitung finden Sie unter diesem Link
Denkmail Nr. 45 zur MSC-Schrift „Aber die NATO – 10 populäre Mythen über Putins Krieg gegen die Ukraine“
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) veröffentlicht fundierte Publikationen zur Darlegung der militärisch basierten Außen- und Sicherheitspolitik der NATO-Staaten. Konferenzleiter Christoph Heusgen hat uns bei unserem letzten Gespräch auf die jüngste Veröffentlichung „Standard Deviation“ hingewiesen, die sich mit Doppelstandards und Doppelmoral des „Westens“ befasst. Und das für die MSC in erstaunlich kritischer Weise, auch wenn die Verstöße gegen Wertvorstellungen der UN-Charta nicht hinreichend konkret benannt werden.
Ganz anders die Schrift „Aber die NATO – 10 populäre Mythen über Putins Krieg gegen die Ukraine“, sowohl in Aufmachung als auch inhaltlichen Aussagen. Sie soll wohl eine Art Kampfschrift gegen die Mythen und Verschwörungstheorien von Extremisten und Populisten sein, die diese in „den emotional geführten Diskussionen“ vorbringen. Politik und Öffentlichkeit seien „im Umgang mit Krieg noch nicht geübt“, deshalb die Kampagne „Zeitenwende on tour“, zu deren Begleitung diese Schrift verfasst wurde, so die Autoren.
Damit diese Einübung in den Umgang mit Krieg auch möglichst schlagkräftig wirkt, bedient sich die Schrift einer eindeutigen Schwarz-Weiß-Darstellung: Dualistisch wird jeder der 10 Mythen-Behauptungen entgegengestellt, was richtig ist. Dafür genügen jeweils eineinhalb Seiten Aufklärung mit Behauptungen und durchaus auch emotionalen Aussagen, alles mit wenig und fragwürdigem Quellenbezug (z.B. Zeitungsartikel). So einfach ist das scheinbar!
Dass ein Kriegsgeschehen immer äußerst komplexe Hintergründe hat, eine Konfliktgenese, die historisch oftmals noch gar nicht aufgearbeitet ist, und dass ein schablonenhaftes Freund-Feindschema ohne Berücksichtigung vielschichtiger Einflussfaktoren und unterschiedlicher Akteure untauglich ist, erscheint eigentlich trivial. Noch dazu bei einem Konflikt, der mit der Konstellation von atomaren Weltmächten zusammenhängt. Das mittlerweile dominante „Zeitenwende-Narrativ“, von der westlichen Politik und den Medien ständig wiederholt, stellt deshalb keineswegs die unumstößliche Wahrheit dar und kann gleichermaßen als Mythos gewertet werden.
Auf der MSC müsste eine vertiefte Diskussion dieser Zusammenhänge, faktenbasiert und mit rationaler Argumentation und unter Einbeziehung verschiedener Standpunkte geführt werden, um den Mythen jeglicher Provenienz zu begegnen.
Wie sehen Sie das? Halten Sie eine derartige Diskussion für sinnvoll? Wir freuen uns über ihre Meinung!
Mit friedvollen Grüßen
Erwin Schelbert
04.09.2024: Denkmail Nr. 44 – Eine unbewohnbare Erde oder ein „Jahrhundert der Toleranz“ (R.D. Precht)?
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
bei unserem ersten Treffen mit MSC-Leiter Botschafter Christoph Heusgen im März 2022 wurde deutlich, dass ihm – gerade als ehemaligem Vertreter Deutschlands im UN-Sicherheitsrat – die Normen des Völkerrechts und eine werteorientierte internationale Politik ein großes Anliegen sind.
Mit der Frage, wie eine wertegeleitete Außenpolitik wirksam werden kann, befasst sich Richard David Precht in seinem aktuellen Buch „Jahrhundert der Toleranz“. Er schließt sich den Appellen der Wissenschaft an, dass die Verhinderung der Klimakatastrophe das Hauptthema der Politik werden muss, damit Menschen auch noch im 22. Jahrhundert ein lebenswertes Leben auf der Erde führen können. Dafür ist eine gemeinsame Anstrengung der Menschheit existentiell notwendig. Ein weiteres Jahrhundert der Eskalation, der Aufrüstung und der Weltkriege können wir uns nicht mehr leisten! Es wäre das Ende menschlichen Lebens.
Precht hinterfragt die Behauptungen einer „systemischen Rivalität“ zwischen dem Westen und China und des „Kampfes der Demokratien gegen die Autokratien“. Er weist daraufhin, wie leicht wir in Freund-Feind-Denken – wir, die Guten, gegen die bösen Anderen – verfallen und wie selektiv wir autokratische Regime bewerten, je nachdem ob sie mit uns, dem Westen, zusammenarbeiten. Und Precht betont, wie wenig vor allem im Globalen Süden das Predigen von „westlichen Werten“ überzeugen kann, wenn sich dieser Westen selbst so oft nicht an diese Normen gehalten hat – und hält! Allzu oft schiebt der Westen Werte vor, wo es in Wirklichkeit um eigene Interessen geht. Stattdessen wäre der Blick auf das gemeinsame Wertefundament der Kulturen – z.B. „Weltethos“ nach Hans Küng – und eine globale Zusammenarbeit auf Augenhöhe notwendig.
Ich meine, mit seinen – hier nur angerissenen – Thesen könnte Precht einen wichtigen Beitrag auf der Bühne der MSC im nächsten Februar leisten. Das möchte ich Herrn Heusgen bei unserem Online-Gesprächstermin nächste Woche gerne mitteilen.
Was meinen Sie zu diesem Vorschlag?
Mit freundlichen Grüßen
Thomas Mohr
Vorsitzender Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“ e.V.
Vorsitzender gewaltfrei grün e.V.
Hier finden Sie unsere älteren Denkmails
Denk-Mail Nr. 32 vom 01.09.2021
(Autorin: Gudrun Haas)
Den Kreislauf der Konfrontation unterbrechen und Sicherheit neu denken
PDF-Dokument [600.5 KB]
Denk-Mail Nr. 31 vom 13.06.2021
(Autor: Erwin Schelbert)
Das Friedensgutachten 2021 „Europa kann mehr“ und die Münchner Sicherheitskonferenz
PDF-Dokument [608.8 KB]
Denk-Mail Nr. 30 vom 12.10.2020
(Autor: Ralf Becker)
Realpolitik gestalten – Orientierung bieten.
Gelungene Dialogveranstaltung mit der MSC
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Denk-Mail Nr. 29 vom 17.07.2020
(Autor: Thomas Rödl)
Bombenstimmung – Kalter Krieg – Neues Wettrüsten:
Ein Memorandum
PDF-Dokument [464.6 KB]
Denk-Mail Nr. 28 vom 11.05.2020
(Autor: Erwin Schelbert)
Sicherheit – nicht nur in Corona-Zeiten
PDF-Dokument [585.5 KB]
Denk-Mail Nr. 27 vom 20.12.2019
(Autorin: Mechthild Schreiber)
NATO hirntot oder hirnlos?
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Denk-Mail Nr. 26 vom 26.07.2019
(Autor: Wolfram Rohde-Liebenau)
Trumps Sicherheitspolitik bedroht den Weltfrieden
PDF-Dokument [210.2 KB]
Denk-Mail Nr. 25 vom 01.07.2019
(Autor: Erwin Schelbert)
Das neue Friedensgutachten 2019: „Vorwärts in die Vergangenheit? Frieden braucht Partner“
PDF-Dokument [356.4 KB]
Denk-Mail Nr. 24 vom 27.11.2018
(Autor: Erwin Schelbert)
„Welt in Gefahr“, das Buch von Wolfgang Ischinger
PDF-Dokument [209.5 KB]
Denk-Mail Nr. 23 vom 18.10.2018
(Autor: Ralf Becker)
„Sicherheit neu denken – von der militärischen zur zivilen Sicherheitspolitik“
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Denk-Mail Nr. 22 vom 10.07.2018
(Autor: Erwin Schelbert)
„Kriege ohne Ende. Mehr Diplomatie – weniger Rüstungsexporte: Das neue Friedensgutachten 2018″
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Denk-Mail Nr. 21 vom 19.03.2018
(Autorin: Anja Ufermann)
„Nukleare Aufrüstung“
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Denk-Mail Nr. 20 vom 22.01.2018
(Autor: Erwin Schelbert)
„Aufrüstung oder Friedenslogik“
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Denk-Mail Nr. 19 vom 16.11.2017
(Autor: Erwin Schelbert)
„Atomwaffenverbot“
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Denk-Mail Nr. 18 vom 01.09.2017
(Autor: Thomas Mohr)
„Finanzierung der MSC durch das Außenministerium!“
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Denk-Mail Nr. 17 vom 01.06.2017
(Autor: Erwin Schelbert)
„Weitere Aufrüstung in Deutschland und weltweit?“
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Denk-Mail Nr. 16 vom 09.01.2017
(Autorin: Anja Ufermann)
„Gewaltfreie Kommunikation als Side-Event auf der
Münchner Sicherheitskonferenz: Neue Perspektiven für Konfliktlösungen“
Denk-Mail Nr. 15 vom 11.09.2016
(Autorin: Gudrun Haas)
„Wirtschaftliche Kooperation in Eurasien statt Konfronta-tionskurs“
Denk-Mail Nr. 14 vom 16.06.2016
(Autor: Erwin Schelbert)
„Friedensgutachten auf der Sicherheitskonferenz diskutie-ren“
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