Neben den regelmäßigen Projektzeitungen und unseren Papieren mit grundlegenden Überlegungen zur Umgestaltung der Münchner Sicherheitskonferenz finden Sie hier auch unsere Denkmails der letzten Zeit.
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Denkmail Nr. 45 zur MSC-Schrift „Aber die NATO – 10 populäre Mythen über Putins Krieg gegen die Ukraine“
Liebe Friedensfreundinnen und -freunde,
die Münchner Sicherheitskonferenz (MSC) veröffentlicht fundierte Publikationen zur Darlegung der militärisch basierten Außen- und Sicherheitspolitik der NATO-Staaten. Konferenzleiter Christoph Heusgen hat uns bei unserem letzten Gespräch auf die jüngste Veröffentlichung „Standard Deviation“ hingewiesen, die sich mit Doppelstandards und Doppelmoral des „Westens“ befasst. Und das für die MSC in erstaunlich kritischer Weise, auch wenn die Verstöße gegen Wertvorstellungen der UN-Charta nicht hinreichend konkret benannt werden.
Ganz anders die Schrift „Aber die NATO – 10 populäre Mythen über Putins Krieg gegen die Ukraine“, sowohl in Aufmachung als auch inhaltlichen Aussagen. Sie soll wohl eine Art Kampfschrift gegen die Mythen und Verschwörungstheorien von Extremisten und Populisten sein, die diese in „den emotional geführten Diskussionen“ vorbringen. Politik und Öffentlichkeit seien „im Umgang mit Krieg noch nicht geübt“, deshalb die Kampagne „Zeitenwende on tour“, zu deren Begleitung diese Schrift verfasst wurde, so die Autoren.
Damit diese Einübung in den Umgang mit Krieg auch möglichst schlagkräftig wirkt, bedient sich die Schrift einer eindeutigen Schwarz-Weiß-Darstellung: Dualistisch wird jeder der 10 Mythen-Behauptungen entgegengestellt, was richtig ist. Dafür genügen jeweils eineinhalb Seiten Aufklärung mit Behauptungen und durchaus auch emotionalen Aussagen, alles mit wenig und fragwürdigem Quellenbezug (z.B. Zeitungsartikel). So einfach ist das scheinbar!
Dass ein Kriegsgeschehen immer äußerst komplexe Hintergründe hat, eine Konfliktgenese, die historisch oftmals noch gar nicht aufgearbeitet ist, und dass ein schablonenhaftes Freund-Feindschema ohne Berücksichtigung vielschichtiger Einflussfaktoren und unterschiedlicher Akteure untauglich ist, erscheint eigentlich trivial. Noch dazu bei einem Konflikt, der mit der Konstellation von atomaren Weltmächten zusammenhängt. Das mittlerweile dominante „Zeitenwende-Narrativ“, von der westlichen Politik und den Medien ständig wiederholt, stellt deshalb keineswegs die unumstößliche Wahrheit dar und kann gleichermaßen als Mythos gewertet werden.
Auf der MSC müsste eine vertiefte Diskussion dieser Zusammenhänge, faktenbasiert und mit rationaler Argumentation und unter Einbeziehung verschiedener Standpunkte geführt werden, um den Mythen jeglicher Provenienz zu begegnen.
Wie sehen Sie das? Halten Sie eine derartige Diskussion für sinnvoll? Wir freuen uns über ihre Meinung!
Mit friedvollen Grüßen
Erwin Schelbert
Wir trauern um Mechthild Schreiber, die Ehrenvorsitzende unseres Vereins
Mechthild Schreiber war unserem Verein, auch wenn sie nicht zu den Gründungsmitgliedern gehörte, von Anfang an sehr verbunden.
Bei der Mitgliederversammlung am 27.03.2015 wurde sie formal als Mitglied aufgenommen und bei der Mitgliederversammlung am 27.03.2017 in den Vereinsvorstand gewählt. Sie gehörte dann dem Vorstand ohne Unterbrechung bis zur Mitgliederversammlung am 13.04.2024 an, bei der sie einstimmig zur Ehrenvorsitzenden des Vereins gewählt wurde.
Von ihren vielfältigen wichtigen Beiträgen zu unserem Verein möchte ich hier nur einige ihrer letzten erwähnen: Für die Feier zum 20-jährigen Jubiläum unseres ersten „Aufrufs zur Veränderung der Sicherheitskonferenz“ im April 2024 hat sie sich maßgeblich in die Vorbereitung eingebracht und diese Veranstaltung dann auch moderiert. Zuletzt konnten wir uns im Juli 2024 bei ihr auf der Terrasse zu einem gemütlichen Abend mit politischen Diskussionen treffen. Vor einigen Tagen ist Mechthild im Alter von 94 Jahren – für uns doch überraschend plötzlich – verstorben.
Mechthild war – mit ihrem Soziologie-Studium und ihrer intensiven Beschäftigung mit Frauenforschung und Feminismus – eine kluge und vielseitig informierte Frau. Wir verlieren eine sehr glaubwürdige Pazifistin, eine mutige und aufrechte Kämpferin für die Sache des Friedens. Ihre engagierten Beiträge werden uns sehr fehlen!
Im Februar 2021 schrieb Mechthild in einem ihrer regelmäßigen Beiträge zu unserer jährlichen Projektzeitung – was sie zuvor auch beim Gespräch mit dem MSC-Konferenzleiter W. Ischinger sehr glaubwürdig vorgetragen hatte:
„Ich weiß, was Krieg bedeutet, habe ich ihn doch als Kind leidvoll erfahren: Das Heulen der Sirenen, das uns aus dem Schlafe riss, das Donnern der FLAK, der Flieger-Abwehr-Kanonen, die bangen Stunden im Keller bei den Fliegerangriffen: trifft es uns diesmal? Oder kommen wir noch davon? Die Brandbomben, die eines Nachts dann auch tatsächlich unsere Wohnung in Berlin, das vertraute Zuhause meiner Kindheit, zerstörten; der Verlust meines Vaters, der von einem Gang zu unserm Pfarrer nie wieder zurückkehrte und von dessen Verschleppung und Sterben in einem polnischen Gefangenenlager meine Mutter und ich erst nach zwei Jahren erfuhren… So hieß es dann im Volk lange Jahre: „Nie wieder Krieg!“ Und heute kann es nur heißen: „Si vis pacem para pacem!“ Wenn du Frieden willst, bereite den Frieden vor!“
Weitere Informationen zu Mechthilds Leben und ihrem Engagement können über die folgenden Links abgerufen werden:
In memoriam Mechthild Schreiber, Friedensaktivistin
forumZFD – Abschied von einer Friedenskämpferin
Kulturstammtisch mit Mechthild Schreiber
Die Mitglieder der Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern“ e.V. werden sich immer gern an ihre langjährige Vorsitzende und Ehrenvorsitzende Mechthild Schreiber erinnern.
Mechthild, wir werden dich vermissen!
München, 11.10.2024
Thomas Mohr
Vorsitzender
10.10.2024: „Sicherheit neu denken“ – ein Konzept für Friedensfähigkeit statt Kriegstüchtigkeit.
mit: Erwin Schelbert, Gudrun Haas, Markus Brunnhuber, Hubert Heindl
Veranstalter: Projektgruppe „Münchner Sicherheitskonferenz verändern e.V.“